Zur Jubiläumsfortbildung anlässlich der 20-jährigen immersiven sorbischsprachigen Bildung und Erziehung in Kindergärten im Juni 2018 wurde an uns die Bitte herangetragen, einen gemeinsamen Ausflug für sorbische Erzieherinnen und Erzieher zu organisieren. So hätten sie mehr Zeit sich gegenseitig kennenzulernen, als es während der üblichen zweistündigen Fortbildungen möglich ist. Aus dem fachlichen Austausch zwischen Erzieherinnen und Erziehern, die unter den unterschiedlichsten Bedingungen nach dem Witaj-Modell arbeiten, können alle schöpfen – Erfahrene ebenso wie Berufsanfänger, Bildungseinrichtungen im Kerngebiet des sorbischen Siedlungsgebietes ebenso wie im Randgebiet.

Darum luden wir zum ersten Mal Erzieherinnen und Erzieher aller sorbisch arbeitenden Kindertagesstätten der Oberlausitz am Samstag, dem 7. September 2019, zu einem ganztägigen Ausflug ein. Weil in der Vergangenheit in Fachgesprächen immer wieder die Frage der Kompatibilität offener pädagogischer Konzepte mit dem Modell Witaj thematisiert wurde, war unser Hauptziel die Kindertagesstätte „Sonnenkäfer“ in Vetschau in der Niederlausitz. Dort ist genau die Situation, die die Frage aufwirft: Wie mit sorbischsprachiger Bildung und Erziehung umgehen, wenn nicht die ganze Kita – das ganze Erzieherteam – sorbisch ist, aber nur einzelne Erzieherinnen? Darüber wussten in der Vetschauer Kita zwei Erzieherinnen am besten zu berichten: Britt Hegewald und Sandrina Bieder. Beide haben sich in Sprachkursen Sorbisch angeeignet und vermitteln es nun den ihnen anvertrauten Kindern. Dass sich das Bewusstsein für das Sorbische nicht nur auf eine bestimmte Gruppe von Kindern beschränkt, sondern auf die ganze Kita auswirkt, davon zeugten u. a. die Ausführungen der Leiterin Heidrun Schramm. Sie sprach auch über die Entwicklung der Bildungseinrichtung in dieser Frage – eine Entwicklung, die zeitweise mühsame Arbeit erforderte, Ausdauer und viel Überzeugungsarbeit.

Das Engagement der Vertschauer Erzieherinnen für die sorbische Sprache und Kultur widerspiegelt sich auch in der Arbeit des Vereins „Tyca“ [Regenbogen]. Er vereint Vetschauer und Radduscher Erzieherinnen von Kindergärten und Hort wie auch die Lehrerinnen der Grundschule. Die Vorsitzende Anke Gräfe berichtete den Gästen, wie sie durch die Verbundenheit der Pädagogen im Verein gemeinsame Aktivitäten für Kinder von 3 Jahren bis zur 6. Klasse ermöglichen. Dazu gehören z. B. die Pflege sorbischer Bräuche oder sprachliche Fortbildungen für Pädagogen. Auch von ihrer sorbischen Erziehungsarbeit im „Hort der Möglichkeiten – hort móžnosćow“ berichtete Anke Gräfe. Abschließend durften sich die Besucherinnen die Räume der Kindertagesstätte ansehen. Die Kinderkrippe und der Kindergarten waren 2011 in das Gebäude eingezogen, nachdem es umgebaut und entsprechend dem pädagogischen Konzept funktional nach neustem Standard hergerichtet wurde.

So konnte die Gruppe aus der Oberlausitz ihr Fachwissen erweitern. Doch nicht nur die Seele wollte versorgt sein, auch der Körper. Also begaben sich 19 Erzieherinnen und Erzieher, dazu eine Lehrerin der Sorbischen Fachschule für Sozialpädagogik und drei Mitarbeiterinnen des WITAJ-Sprachzentrums Bautzen und Cottbus nach Raddusch. Im Spreewaldhotel gab es Mittagessen. Und als hätte das Wetter unseren Zeitplan gekannt, hörte es genau in dem Moment auf zu regnen, als die Gruppe in den Kahn stieg. So konnten wir uns bei guter Laune, dem einen oder anderen gemeinsamen Lied, ja sogar bei Sonnenschein über die Spree fahren lassen.

Um unser Bild über die Bemühungen um das Sorbische in der Niederlausitz abzurunden, kehrten wir noch im Dissener Heimatmuseum ein. Dort begrüßte uns die Dorfbewohnerin Karin Tschuck, die zugleich Mitglied des Fördervereins des Museums ist, mit Kaffee und selbstgebackenem Kuchen. Sie berichtete über das Sorbische im Ort und in der Umgebung, über die Möglichkeiten sorbischsprachiger Bildung in der Region und über unzählige große und kleine Projekte der Einwohner, wofür Dissen in diesem Jahr Gold im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ errungen hat.

Auch auf der Heimreise im gemeinsamen Bus wussten die Teilnehmerinnen viel zu erzählen. Sie lobten den Auflug als sehr gelungen und empfehlenswert. Die Idee des gegenseitigen Kennenlernens und fachlichen Austausches wurde verwirklicht. Obwohl alle immersiv arbeiten, sind die Bedingungen in den Bautzner Kindergärten „Knirpsenland“ (AWO) und „Jan Radyserb-Wjela“ (CSB) wie auch im dortigen sorbischen Hort, in den Kindergärten in Schwarzkollm, Bergen, Neschwitz oder Panschwitz-Kuckau doch ziemlich unterschiedlich. Deshalb ist es immer interessant zu erfahren, wie sich die Kollegen anderswo für das gleiche Ziel einsetzen. Bei der Verabschiedung unterstrichen die Teilnehmerinnen, dass sie sich über Zusammenkünfte in ähnlicher Form auch in Zukunft freuen würden.